Den neuen Papst als „alten Sack“ tituliert
Kommentar ist vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt
Eine überregionale Zeitung veröffentlicht in ihrer Online-Ausgabe einen Kommentar mit der Überschrift „Alter Sack der Xte“. Es geht dabei um die Wahl des Argentiniers Jorge Mario Bergoglio zum Papst. Der neue Pontifex – so der Autor – sei ein „reaktionärer alter Sack wie sein Vorgänger“. Textpassage: „Alter Sack I. folgte Alter Sack II. Alter Sack II. aber folgte Alter Sack III., in einem fort, jahrein, jahraus. Ob dieser oder jener alte Sack nun eine Schwäche für die Schwachen (`katholische Soziallehre`) hatte oder sich lieber mit esoterischem Klimbim (´katholische Dogmatik´) beschäftigte, ist in etwa so relevant wie die Frage, ob er nebenher Briefmarken sammelte oder lieber doch Schmetterlinge.“ Im weiteren Verlauf des Textes schreibt der Autor, dass die katholische Kirche „ein Recht auf ihre alten Säcke“ und „schrulligen Rituale und lustigen Kostüme“ habe. 29 Leser wenden sich mit einer Beschwerde an den Presserat. Die Hauptvorwürfe: Das Oberhaupt der katholischen Kirche, Papst Franziskus, und seine Vorgänger würden als „reaktionäre alte Säcke“ beleidigt. Diese Formulierung sei ehrenrührig und verstoße gegen die Menschenwürde: Es handele sich um ein beleidigendes Schimpfwort. Die Bezeichnung „reaktionär“ sei zudem eine ehrabschneidende Unterstellung. Der Text sei eine bewusste Herabsetzung einer religiösen Gemeinschaft und des Papsttums, ohne dass ein inhaltlicher oder aktueller politischer Zusammenhang bestehe. Die Formulierungen verletzten die religiösen Gefühle gläubiger Katholiken, ihre Glaubensgrundsätze und Werte. Die Formulierung „esoterischer Klimbim“ für die katholische Dogmatik sei eine Schmähung des Glaubens. Für die Zeitung nimmt deren Justiziar Stellung. Die Redaktion habe auf einer ganzen Seite Lesermeinungen zu dem Kommentar veröffentlicht. Was die Bezeichnung des neuen Papstes als „Junta-Kumpel“ angehe, habe die damalige Nachrichtenlage eine Nähe zur seinerzeitigen argentinischen Militärdiktatur vermuten lassen. Die Vorwürfe seien bis heute nicht abschließend ausgeräumt, so dass der Redaktion eine Missachtung der Sorgfaltspflicht nicht vorzuwerfen sei. Der Justiziar berichtet ferner, der Autor des Kommentars habe etwa hundert gleichlautende Briefe an Leser geschickt, die sich über den Beitrag beklagt hätten. Darin führt der Autor aus, dass der Kritik ein Missverständnis des Textes zugrunde liege. Dieser sei ein Kommentar und auch als solcher ausgewiesen. Ihm als Autor sei es nicht darum gegangen, Verachtung für die Katholiken und ihre Kirche zum Ausdruck zu bringen. Ziel sei vielmehr Respekt und Toleranz gewesen. Ein Mittel hierzu sei der bewusst despektierliche Einstieg in den Text gewesen. Er habe damit deutlich machen wollen, dass er von einem außerkirchlichen und atheistischen Standpunkt aus für das Recht der katholischen Kirche eintrete, nichts anderes zu sein als die katholische Kirche. Zum anderen habe er mit dieser Einstiegspassage folgende These einem Praxistest unterziehen wollen: Die katholische Kirche habe es nach harten, oft blutigen Auseinandersetzungen akzeptiert, dass sie Kritik, Hohn und Spott ertragen müsse, sie also mit der modernen Gesellschaft besser zurechtkomme als manche andere religiöse Institution.