Verdächtiger als „Mörder“ und „Killer“ bezeichnet
Bezeichnungen sind nach einem umfassenden Geständnis zulässig
„Wie kann Mircos Mörder mit seiner Schuld leben?“ titelt die Online-Ausgabe einer Boulevardzeitung. Die Zeitung hat zum Thema einen bekannten Kriminologen interviewt. Der Bericht enthält eine Fotostrecke mit 14 Bildern. Das erste zeigt den mutmaßlichen Täter gepixelt. Die Bildunterschrift lautet: „Killer (…), 45, missbrauchte und tötete sein Opfer – seine DNA überführte ihn.“ Ein Nutzer der Online-Ausgabe kritisiert, dass der Tatverdächtige in der Überschrift als Mörder bezeichnet wird, im Bildtext als Killer. Damit werde der Mann vorverurteilt (Pressekodex, Ziffer 13). Die Rechtsvertretung des Verlages weist auf besondere Umstände im Fall „Mirco“ hin, der eine bundesweite Suchaktion nach dem Täter ausgelöst und damit im ganzen Land auf großes Interesse gestoßen sei. Vor allem Eltern sind nach mehreren Verbrechen in den vergangenen Jahren an Informationen interessiert. In der Öffentlichkeit stelle sich die Frage, warum ein vermeintlich treu sorgender Familienvater ein Kind missbraucht und dann tötet. Erneut spricht die Rechtsvertretung vom überragenden Informationsinteresse innerhalb der Leserschaft. Entscheidend für die Art der Berichterstattung sei gewesen, dass der Festgenommene ein Geständnis abgelegt habe. Dadurch sei dieser zu einer Person der Zeitgeschichte geworden. Dies mit der Folge, dass über ihn in Wort und Bild berichtet werden durfte. Den Vorwurf der Vorverurteilung weist die Zeitung ebenfalls zurück. Die Presse dürfe eine Person dann als Täter bezeichnen, wenn dieser ein Geständnis abgelegt habe und entsprechende Beweise vorlägen. Der Begriff „Mörder“ werde hier nicht im rechtstechnischen Sinne benutzt. Umgangssprachlich werde ein Mann so bezeichnet, der ein besonders grausames Verbrechen begangen und gestanden habe. (2011)