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Unter Verdacht wegen Giftmüll-Entsorgung

Umstrittener Firmenchef in Wort und Bild identifizierbar dargestellt

In einer Tageszeitung erscheinen zwei Artikel über ein Unternehmen, gegen dessen Chef und einige Mitarbeiter wegen eines Umweltvergehens (Entsorgung von Giftmüll) ermittelt wird. Zunächst veröffentlicht die Redaktion einen Bericht, bei dem es um die offenbar guten Kontakte des Firmenchefs zum örtlichen Rathaus geht. Der Mann wird namentlich genannt und im Bild gezeigt. Eine Passage aus dem Text: „Es gibt nicht wenige (…), die dem (…)-Geschäftsführer, (Name genannt) die betrügerischen Machenschaften zutrauen.“ Die Zeitung zitiert auch Stimmen, die sich sehr positiv über den Mann äußern. Knapp zwei Wochen später erscheint ein weiterer Bericht, der mit dem Satz eingeleitet wird: „Um die offensichtlich betrügerischen Machenschaften der Firma (sie wird mit vollem Namen genannt) komplett durchleuchten zu können, hat sich jetzt die Sonderkommission ´Entsorgung´ mit zwanzig Kripobeamten im Polizeipräsidium (…) gebildet.“ Die Rechtsvertretung des Firmenchefs und Beschwerdeführers vertritt die Auffassung, dass der erste Artikel die Persönlichkeitsrechte ihres Mandanten missachtet. Dieser werde von der Zeitung massiv in seiner Ehre verletzt und herabgewürdigt. Der zweite Artikel beginnt nach Auffassung der Rechtsvertretung mit einer Vorverurteilung. Darin werde der falsche Eindruck erweckt, dass einzelnen Beschuldigten bereits ein betrügerisches Handeln nachgewiesen worden sei. Die Rechtsvertretung der Zeitung spricht von einer zulässigen Berichterstattung zu einem Thema mit brisantem Bezug, nämlich der Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung durch illegale Giftmüllverklappung. Der Autor des Beitrages teilt mit, bis heute gelte ein Beschluss des zuständigen Landratsamtes, der die sofortige Einstellung des Betriebs der Entsorgungsfirma wegen massiven Verstoßes gegen gesetzliche Vorschriften verfügt habe. Das Unternehmen befindet sich mittlerweile in der Liquidation. Auch die Polizei spreche von einem Umweltskandal, ohne dies bis heute zu korrigieren. Die Zeitung legt Wert auf die Feststellung, dass die Kriterien einer Verdachtsberichterstattung erfüllt seien. Zudem bestehe ein hohes Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit an den Vorgängen um eine nicht genehmigte Entsorgung von Giftmüll. Der Autor der Beiträge habe einen Verdacht geschildert. Eine Vorverurteilung liege nicht vor. (2012)