Entscheidungen finden

Vorwürfe nicht ausreichend recherchiert

Äußerungen eines Patientensprechers ungeprüft wiedergegeben

Eine Regionalzeitung berichtet über die bevorstehende Schließung eines Dialysezentrums in einer Stadt des Verbreitungsgebietes. Im Bericht ist davon die Rede, dass der Fall die Emotionen am Ort hochkochen lasse. Ein Arzt habe Patientenakten aus der Praxis geholt und dabei auch nicht vor Gewalt zurückgeschreckt. Einer der Ärzte habe der Redaktion gesagt, dass er eine Aufbewahrungspflicht für die Akten habe. Der Patientensprecher hingegen wird von der Zeitung mit den Worten zitiert: „Die Patientenordner gehören nicht dem Arzt, sondern den Patienten. Für uns war das Hausfriedensbruch, Körperverletzung und Nötigung.“ Die Redaktion teilt mit, dass der Vorfall bei der Staatsanwaltschaft und bei der Kassenärztlichen Vereinigung angezeigt worden sei. Ein Leser der Zeitung sieht presseethische Grundsätze verletzt. Zu der behaupteten Gewalt sei es nicht gekommen. Er sei an dem fraglichen Tag vor Ort gewesen und habe dem Arzt beim Transport der Akten geholfen. Der Autor habe seinen Bericht einzig und allein auf der Basis der Informationen des Patientensprechers geschrieben. Eine gründliche Recherche habe nicht stattgefunden; die Gegenseite sei nicht gehört worden. Dem widerspricht der Autor des kritisierten Artikels. Er habe sehr wohl beide Seiten gehört. Auch habe er keinen Grund gehabt, an den Angaben des Patientensprechers zu zweifeln. Der Redakteur erläutert, er habe keine rechtliche Aufarbeitung des Falles betreiben wollen. Vielmehr habe er darstellen wollen, wie Patienten zwischen die Fronten eines innerbetrieblichen Zerwürfnisses geraten seien. Der Beschwerdeführer sei mit der Mitarbeiterin des genannten Arztes verheiratet und verfolge ein klares Eigeninteresse. Der Chefredakteur der Zeitung stellt sich hinter seinen Redakteur und sieht presseethische Grundsätze nicht verletzt.